Über Sinn und Unsinn der Schuldenbremse

16. September 2024 Analysen Comments (0) 204

In Deutschland ist eine erregte Debatte über die Schuldenbremse entbrannt. Was sind die Argumente für diese Fiskalregel? Was spricht gegen sie?
(Capital+, 06.02.2021)

Die Äußerung von Kanzleramtschef Helge Braun in einem Gastbeitrag im Handelsblatt, die Schuldenbremse in den kommenden Jahren nicht einzuhalten, hat die Debatte um die deutschen Schuldenregeln aufs Neue entfacht.

Dabei geht es nicht darum, jetzt in der Krise zu sparen. Das wäre ökonomisch töricht, weil es den Aufschwung ausbremsen würde. Es geht um die Frage, wie schnell der deutsche Staat nach der Krise wieder sparen sollte, und ob man die Schuldenbremse nach der Krise in ihrer jetzigen Form wieder aktivieren sollte. Sie beschränkt die strukturelle Neuverschuldung Deutschlands jährlich auf 0,35 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die meisten Ökonomen sind sich einig, dass es irgendeine Ausgabenregel für Staaten geben sollte. Aus gutem Grund. Denn Politiker denken oft nur in Legislaturperioden. Regeln schaffen ein Zeichen, dass die Schulden gering und tragbar bleiben. Das senkt das Risiko für Investoren und damit die Zinsen für Staaten.

Einen weiteren Grund zeigt eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung(DIW). Demnach überwinden Länder mit Fiskalregeln wirtschaftliche Schocks besser als Länder ohne solche Regeln. Das BIP, der private Verbrauch und die Investitionen liegen nach einem Schock höher als in Ländern ohne Fiskalregeln, schreiben die Ökonomen Laura Pagenhardt, Alexander Kriwoluzky und Malte Rieth. Der Grund: Wenn fiskalische Regeln die Schulden stabilisieren, dann haben die Regierungen bei der Reaktion auf Schocks einen großen Handlungsspielraum, weil sie leichter und günstiger an Geld kommen.

Solche Regeln können übrigens ganz unterschiedlich aussehen. Der internationale Währungsfonds (IMF) zählte 2015 Fiskalregeln in 91 Ländern. Manche deckeln die Staatsverschuldung wie die Maastricht-Kriterien der EU, andere das Staatsdefizit, wiederum andere die Ausgaben oder die Einnahmen. Andere sind flexibler oder werden alle paar Jahre neu bestimmt wie in Neuseeland.

Warum sollte man die Schuldenbremse dann abschaffen?

Die Gegner der Schuldenbremse wollen nicht Verschuldungsregeln als solche abschaffen. Doch sie wollen Regeln, die sich anderen ökonomischen Zielen unterordnen. Die Schuldenbremse ist momentan außer Kraft gesetzt, damit der Staat Geld für seine zahlreichen Hilfsprogramme aufnehmen kann. Das ist wichtig, denn würde sie greifen, wären die hohen Staatsausgaben nicht möglich. Die wiederum sind wichtig, um die wirtschaftliche Erholung nach der Krise zu beschleunigen. Nach der letzten Finanzkrise mahnte beispielsweise der IMF, dass zu frühes Sparen die wirtschaftliche Erholung ausgebremst habe. Gegner der Schuldenbremse haben nun Angst, dass sie 2022 wieder greift, Deutschland nach der Krise zu früh zu einer Sparpolitik zurückzukehrt und die eigene wirtschaftliche Erholung ausbremst.

Die ganze Analyse gibt es bei Capital+